Der Bergbau, die Gewinnung von Kupferkies und die Kupferproduktion sind die existentielle Melodie, die in Stilfs und im Ortlergebiet über allem schwingt. Das Hämmern der Bergleute, das hier vor über 3000 Jahren in der Bronzezeit eingesetzt hat, um zum Herzschlag des Ortes zu werden, ist nie mehr verstummt. Caschlin und das Weiberbödele liegen am Kupfervorkommen. Im Mittelalter ließen sich hier erneut Bergleute nieder und legten den Grundstein für die Entwicklung des Dorfes. Die Mundlöcher als Eingänge zum Bergwerk unterhalb des „Arzlochs“ verbergen sich in manchen Häusern des Altdorfes und führen in den Berg und zu den Stollen. Selbst die Familien- und Flurnamen hier kennen diesen Sound, in den Laurenz Stockner mit seinen Gefäßen und ihrem besonderen Klang mühelos einstimmen kann, obwohl sie in St. Andrä gefertigt werden und ihr Kupfer meist aus Prettau im Ahrntal stammt. Diese Schalen und Dosen gehen in kraftvoller Anmut mit ihrem furchtlosen Herrn durchs Feuer und nähren die uralten magischen Fantasien des Bergens und Verbergens. In Ihrer selbstverständlichen Eleganz wohnen Stille und Poesie. Vergessen die Glut und das Lodern, das Zischen, das Schmelzen, das Erkalten und Hämmern bis an die Grenzen der körperlichen Kraft und der sengenden Hitze. Aus dem kathartischen Spiel der Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde entsteht Bleibendes, das wir berühren wollen – rotgolden schimmerndes Kupfer oder schwarzer Stahl. Die jüngsten dieser Gefäße werden, soeben geformt, wieder der Feuer ausgesetzt, um erneut ins Schmelzen gebracht, schließlich zu archaisch, amorpher Faszination zu erkalten. Sie erzählen nicht nur von sich selbst, sie erzählen von der Entstehung der Erde, von glühenden Lavaströmen und der unbändigen Energie, die auch den Ortler geformt hat. Zeitlose Resonanz des Feuers.
Text: Karin Dalla Torre